Wie vermisst man eine Höhle?

Eine Höhle zu befahren ist schon schwierig genug. Sie zu vermessen und einen Plan zu zeichnen nur etwas für Experten könnte man meinen. In Wirklichkeit ist es sehr einfach eine Höhle zu vermessen, oder einen beliebigen anderen dreidimensionalen Raum, wie zum Beispiel den Weg von der Haustüre über den Fernseher im Wohnzimmer zum Wasserhahn im Badezimmer.

Wenn Sie diesen Artikel gelesen haben, dann können Sie es. Alles was Sie dazu brauchen ist ein Maßband, ein Kompass und ein Neigungsmesser. Falls Sie ein Android Smartphone besitzen können Sie statt Kompass und Neigungsmesser auch die CaveMeter App für Android herunterladen.

Um anschließend den Plan zu zeichnen reicht ein normaler Computer. Die nötige Software gibt es kostenlos hier auf der copycave-Seite. Sie läuft unter Windows, Linux und MacOSX. Und jetzt geht es los:

Wir packen Maßband, Kompass und Neigungsmesser ein und machen uns auf den Weg zu unserem Testhöhleneingang, also der Haustüre. Und hier treffen wir auf ein Problem der Vermessungstour. Wo sollen wir anfangen? Normalerweise wählt man als Startpunkt der Vermessung einen Punkt der Sinn macht und den man gut wiederfindet. Hat man einen Aufhängepunkt zum Abseilen gebohrt, dann würde sich dieser Spit als Messpunkt 1 anbieten. An der Haustüre würde ich eine Ecke, z.B. links oben vorschlagen.

Der Fernseher ist von hier aus noch nicht zu sehen. Wir brauchen einen Zwischenpunkt den wir von hier aus in gerader Linie anpeilen können. Der Schirmständer? Zu leicht verschiebbar. Lieber das Gemälde mit dem röhrenden Hirsch. Eine Ecke ausgesucht und ... die Freundin anrufen. Irgendjemand muss schließlich das andere Ende des Maßbandes halten. 3 Meter und 47 cm.

Beim Kompass schlägt man sich nicht mit Ost und West herum, hier entspricht Norden 0 Grad. Im Uhrzeigersinn geht's 360 Grad herum. Osten entspricht also 90 Grad. Wir peilen von der Haustürecke zum Bild: 223 Grad, also etwa Süd-West.

Beim Neigungsmesser gibt es leider zwei verschiedene Einteilungen. Die einen (z.B. Sunto) sagen, horizontal ist 0 Grad. Nach oben zählen sie positive Grad bis plus 90, nach unten negative. Die anderen befürchten, dass man mit plus und minus viel zu leicht durcheinander kommt und definieren horizontal bei 90 Grad. Nach oben wird's dann mehr, nach unten weniger. Senkrechter Schacht bedeutet hier nicht minus 90, sondern 0 Grad. Wir messen minus 12 Grad und tragen später in der Computerliste zusätzlich "Kommando: messung sunto" ein, damit das Programm weiß mit welchem System wir gemessen haben.

Damit ist der zweite Punkt im dreidimensionalen Raum exakt definiert. Wenn wir jetzt weiter über die Anrichte zum Fernseher, zur Wanduhr und schließlich zum Wasserhahn messen, erhalten wir einen Polygonzug der den räumlichen Gangverlauf der Höhle wiederspiegelt. Um später im Höhlenplan auch die Größe der Gänge, Schächte und Hallen wiedergeben zu können muss man sich zusätzlich Notizen und Skizzen machen. Für die spätere Zeichnung ist auch wichtig, dass man sich notiert, wo im Gangverlauf welcher Messpunkt war.

Unser Polygonzug könnte etwa so aussehen:

von nach Länge Neigung Richtung Kommentar
1 2 3.47 -12 223 zum röhrenden Hirsch
2 3 2.17 -4 308 Schubladenknopf Anrichte
3 4 2.73 -2 90 Fernseher
4 5 4.12 +18 286 Wanduhr im OG
5 6 2.98 -53 45 Wasserhahn und derzeitiger Forschungsendpunkt

 

Wieder zu Hause starten wir das Programm copycave und klicken auf (Messblatt) "Neu". Wenn wir die Messpunkte eingegeben haben speichern wir die Datei und können mit dem Button "3D" schon den Polygonzug der Höhle dreidimensional ansehen.

Dann mit "Plan anzeigen/bearbeiten" die Konturen und sonstigen Inhalte der Höhle zeichen und ein PDF des Plans erzeugen. Fertig.